HSBA Research: Diskussion um Organspende - Führt die Einführung einer Widerspruchsregelung zu mehr Spenden?

Neue Studie unter Beteiligung von HSBA Professorin Dr. Sinika Studte untersucht Verdrängungseffekte von Opt-out-Standardoptionen.

In ihrer Doktorarbeit befasste sich HSBA Professorin Dr. Sinika Studte mit prosozialem Verhalten, insbesondere mit der Motivation von Spender:innen und dem Spenderbeziehungsmanagement bei Blut- und Organspenden. In Deutschland gilt derzeit das sogenannte Zustimmungsprinzip (Opt-In), aktuell wird aber erneut über die Einführung einer Widerspruchsregelung (Opt-Out) diskutiert*, denn die Spenderzahlen sind im Vergleich mit anderen Ländern relativ niedrig.

Vor Kurzem ist eine Studie im Journal PNAS Nexus (The National Academy of Sciences of the United States of America) veröffentlicht worden, an der Prof. Studte mitgearbeitet hat. Die Studie "Crowding-out effects of opt-out defaults: Evidence from organ donation policies" ist für die aktuelle Diskussion von Relevanz, denn sie zeigt, dass die Einführung einer Widerspruchsregelung die angespannte Situation in der Organspende nicht spontan verbessern kann und kein Allheilmittel ist.

"Unsere Studie hat gezeigt, dass ein Opt-Out-System allein die Spenderzahlen nicht signifikant erhöhen kann, was insbesondere auf eine Art „Verdrängungseffekt“ zurückzuführen ist: Während die Spenden nach Todesfällen im Schnitt zwar um 7 Prozent steigen, sinken auf der anderen Seite die Lebendspenden um bis zu 29 Prozent, so dass durch den in Deutschland geplanten Systemwechsel gar nicht wirklich mehr Organe zur Verfügung stehen. Vor dem Hintergrund, dass im letzten Jahr über 8000 Menschen in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan standen, ist es besonders wichtig, für Aufklärung zu sorgen. Die Notwendigkeit, Organe zu spenden, bleibt definitiv bestehen – ganz unabhängig vom geltenden System", so Prof. Dr. Sinika Studte.

“Wir freuen uns, wenn wir mit unserer Studie dazu beitragen können, dass die politische Debatte konstruktiv und faktenbasiert geführt wird. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind entscheidend, um Politik und politische Maßnahmen verantwortungsvoll und auf Basis von Evidenz zu gestalten, statt auf bloße Annahmen zu vertrauen.”

Sinika Studte ist Seit April 2022 Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der HSBA im Department Marketing Transformation. Sie promovierte zum Thema „Donor Motivation and Donor Relationship Management – Essays on Prosocial Behavior” am Lehrstuhl für Marketing & Media der Universität Hamburg bei Professor Clement.


Bundesrat Antrag Transplantationsgeseetz
Gesetzentwurf des Bundesrates

Zur Studie:

Pascal Güntürkün, Sinika Studte, Daniel Winkler, Michel Clement, Jonathan H W Tan, Eva-Maria Merz, Elisabeth Huis in ‘t Veld, Eamonn Ferguson, Crowding-out effects of opt-out defaults: Evidence from organ donation policies, PNAS Nexus, Volume 4, Issue 10, October 2025, pgaf311
https://doi.org/10.1093/pnasnexus/pgaf311